Die Postsäule auf dem Marktplatz

Die Post-Distanzsäule auf dem Marktplatz

ist ein kleines Stück Verkehrsgeschichte des 18. Jahrhunderts.

Noch im 17. Jh. herrschten im Verkehrswesen Mitteleuropas die primitivsten Verhältnisse, die alle Freuden des Reisens durch Unbequemlichkeiten, Entbehrungen und Ärger aufhoben. Erst Anfang des 18. Jh. erfolgte im absolutistischen Sachsen ein besserer Ausbau unbedingt nötiger Handels- und Verbindungswege (so auch 1708 unsere alte Poststraße zum Paßübergang) und unter der aufopferungsvollen Arbeit des vom Fürstenhaus eingesetzten Land- und Grenzkommissars Adam Friedrich Zürner (1679-1742) eine exakte Vermessung und Aufzeichnung aller Verbindungen. Manche Stadt erhielt damals ihren ersten steinernen "Fahrplan" in Form ein Post-Distanzsäule, genau nach Zürners Anweisungen gefertigt, wie er auch dafür sorgte, daß längs der Straßen, "da die Postkutsche rolle", Meilensteine, Halbmeilensteine und Viertelmeilensteine gesetzt wurden.

Was zeigt uns unsere Post-Distanzsäule auf dem Marktplatz?

Wappenstein unserer Postsäule

Hauptanziehungspunkt ist der prunkvoll farbig gestaltete Wappenstein im oberen Teil des 4,50m hohen Granit-Obelisken. Er zeigt das Wappen Kursachsen (kreuzweise aufgerichtete Schwerter in der einen Wappenschildhälfte, grüner Rautenkranz aus schwarz-goldener Ouerbalkenunterlage in der anderen Hälfte) und das polnische Wappen (im viergeteilten Schild 2 Adler und 2 geharnischte Reiter). Der damalige Monarch war Kurfürst von Sachsen und gleichzeitig König von Polen. Goldene Ranken nach oben in die Königskrone und nach unten in den königlichen Namenszug AR (Augustus Rex) übergehend, vervollständigen das Ganze.

Von Wiesenthal nach ...

Der Beschriftungsteil nennt unter dem Ortsnamen des Standortes "Von Wiesenthal nach" die zu erreichenden Poststationen und Städte. Die Entfernungen, in Stunden (ST) angegeben, sind in der damaligen Zeit in erster Linie als Längenmaß zu sehen: 2 ST entsprechen einer Meile (eine Meile damals 9,062km). Fehlende ST-Zahlen weisen auf fehlende Vermessung, die Zahlen vor den Ortsnamen deuten auf die Anzahl der Poststationen hin, waagerechte Striche trennen die verschiedenen Poststraßenzüge voneinander ab. Gr bedeutet Grenze und besagt, daß die folgenden Orte außerhalb Sachsens liegen. Posthorn und die Jahreszahl der Fertigstellung der Distanzinschriften (1730) schließen die 4 Seiten ab. 1977 wurde die Säule durch Steinmetzmeister Hoffmann, Rochlitz, in einer Totalrestauration in ihren Ursprungszustand gebracht.

(Text zusammengestellt von Joachim Kunze, nach Beierlein / Taubert und Veröffentlichungen von H.-H. Stölzel)